Heini Holtenbeen – Mit Stock, Charme und Melone
Gehstock, Melone und Schnauzbart, so sahen viele Bremer Kaufleute um 1900 aus. Auch Heini Holtenbeen sah sich als Unternehmer, doch seine windschiefe Gestalt und sein abgewetzter Mantel mit den ausgebeulten Taschen erzählen eine andere Geschichte.
Ein Holzbein hatte er gar nicht, doch er ging am Stock und so rief man Heinrich Jürgen Keberle Zeit seines Lebens nur Heini Holtenbeen – Heini Holzbein. Er war als junger Mann während seiner Küperlehre durch die Dachluke eines Tabakspeichers gestürzt und hatte sich ein lahmendes Bein und eine Gehirnschädigung zugezogen. Nicht mehr arbeitsfähig, musste er irgendwie allein zurechtkommen und verdiente sich als eine Art Kurier mit einem Handkarren, in dem er alles mögliche durch die Stadt transportierte. Weil er immer schlechter gehen konnte, lebte er schließlich vom Betteln, bat um Essen und Geld. Bis zum Schluss behauptete er stur und stolz, er würde lediglich Darlehen aufnehmen und jeden einzelnen Pfennig eines Tages zurückzahlen: „Segg mal, kannst mi nich’n halwen Groschen lenen, ick schrief dat in min Hauptbook in.“
Bekannt wurde er als eine Art schrulliger Glücksbringer vor der Börse am Marktplatz, wo er die Zigarrenstummel der Kaufleute auflas, die diese wegen des Rauchverbots zu Boden warfen. Heini Holtenbeen verarbeitete die Tabakreste zu Pfeifentabak, den er an die Armen weiterverkaufte – sein eigener Tabakhandel, in dem auch getrockneter Pferdemist eine Rolle gespielt haben soll. Manch ein Kaufmann soll Heini neue Zigarren angeboten haben, was dieser mit den Worten abgelehnt haben soll “So weit kommt das noch, ich nehm doch keine Almosen an!” Mildtätige Kaufleute sollen ihr Zigarren deshalb erst kurz vor der Börse entzündet haben um sie ihm dann als “gebraucht” zustecken zu können. Die Bremer erinnern sich vor allem an die Sprüche von Heini Holtenbeen. So wird immer wieder von seiner Antwort auf die besorgte Frage nach einem möglichen Kometeneinschlag erzählt: “Wenn die Welt untergeht, dann zieh ich nach Hannover, da hab ich Verwandte!”. Im Schnoor hat man dem langjährigen Bewohner des damaligen Armen-Viertels ein Denkmal gesetzt, im Bremer Geschichtenhaus kann man ihn “live” antreffen.
Heini-Holtenbeen-Denkmal, beim Restaurant “Kleiner Olymp”, Hinter der Holzpforte 20