Bremen, die Bratwurst und die ewige Frage: Stockhinger oder Kiefert?
Eigentlich ist es egal, ob man seine Bratwurst bei Stockhinger isst oder bei Kiefert, wer Bratwurst mag, wird beide mögen. Doch in Bremen gibt es kein egal, hier gibt es Team Stockhinger und Team Kiefert. Das war nämlich schon bei Oma und Opa so.
Bratwurst geht immer. Ob zweites Frühstück oder nächtlicher Snack auf dem Weg zur letzten Bahn – die Bremer_innen lieben ihre “Thüringer Bratwurst vom Rost”. Natürlich sind sie mundfaul und kürzen ab: “Eine vom Rost büdde” ist wohl der meistgehörte Satz an den Wurstbuden am Liebfrauenkirchhof. Keine fünfzehn Meter trennen hier das Bratwurstglöckl A. Stockhinger & Sohn vom Verkauf der Martin Kiefert Gaststätten-Betriebe-GmbH im alten Küsterhaus der Unser-Lieben-Frauen-Kirche. Fünfzehn Meter, die zu der unvermeintlichen, individuellen Grundsatzfrage führen: Stockhinger oder Kiefert? Die einen schwören so, die anderen anders. Tatsache ist: die meisten wissen, wo sie hinwollen. Und das schon immer.
Wenn man sie fragt, warum nun hier und nicht da, kommt immer die gleiche Antwort: “Weil ich es als Kind schon geliebt hab.”
Es folgt eine Geschichte vom Stadtbummel mit Oma und Opa, man fuhr “nach Karstadt und danach ne Wurst essen”. Oma und Opa hatten das als Kinder auch schon gemacht, denn bereits 1931 errichtete Kiefert seinen ersten Holz-Pavillon am Bahnhof und 1937 den Imbiss an der Liebfrauenkirche. Nach dem Krieg entstand ein Wurstpavillon aus Leichtmetall – dieser stand 50 Jahre vor dem Bahnhof und gehört heute dem Bremer Landesmuseum. Als Leihgabe beherbergt er einen Verkaufsstand in der Markthalle Acht. Die Denkmalpflege nannte ihn aufgrund seiner “seiner Rund-um-die-Uhr-Versorgung“ ein „lokales Zeugnis der Entwicklung des modernen Bahnreisewesens“ und kommentierte: “Dass der Pavillon ein erhaltenswertes Soziotop darstellt, wovon man sich bei einer Bratwurst leicht überzeugen kann, sei nur nebenbei bemerkt.” Das gilt am Liebfrauenkirchhof bis heute: da stehen Politiker und Kaufleute neben den Jungs von der Straßenreinigung. Stockhinger oder Kiefert? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Manch einer liebt den Senf am Glöckl, aber den Kartoffelsalat am Küsterhaus. Zum Glück liegen dazwischen keine fünfzehn Meter.